Der 23. November 2024 war ein Highlight in unserem Kalender: Das Symposium der Gesellschaft für Haltungs- und Bewegungsforschung (GHBF e.V.) fand unter dem Thema „BEWEGUNGSMEDIZIN: MEDIZIN BRAUCHT BEWEGUNG!“ statt. Knapp 200 Teilnehmer aus unterschiedlichen medizinischen Fachbereichen waren gekommen, um ein abwechslungsreiches Vortragsprogramm zu erleben. Acht Industrieaussteller sowie das Team Rynkeby München, dessen Mitglieder für einen wohltätigen Zweck radeln, bildeten ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm.

Die Kongresseröffnung war dem Präsidenten der GHBF e.V., PD Dr. Wolfgang Laube, vorbehalten. Er wies auf die Dekonditionierung als krankmachende Kraft durch zu wenig körperliche Aktivität hin. Gleichzeitig betonte er die Bedeutung der GHBF als interdisziplinäre und interprofessionelle Einrichtung, die mit dem Symposium durch die Vielfältigkeit der Inhalte auch die Rolle des Patienten hinterfragt und in den Mittelpunkt stellt.

Wolfgang Laube übergab den Staffelstab an Prof. Dr. med. dent. Erich Wühr, der sich als Zahnarzt, Kieferorthopäde, Osteopath und Professor für Gesundheitsförderung und Prävention zum Thema Craniomandibuläres System und Stressmanagement befasste. Er veranschaulichte, was im Körper geschieht, wenn das Kausystem aus den Fugen gerät. Der Mediziner sprach insbesondere über Bruxismus als Stress-Phänomen und die damit verbundenen, enorm hohen mechanischen Belastungen, die auch auf sämtlichen Ebenen des Stütz- und Bewegungssystems belastend wirken.

Im Anschluss referierte Dr. Kay Bredehorst aus Mallorca zum Thema „Bewegung - Die beste Form der Zelltherapie“. Der Autor des Buches „Raus aus dem Ernährungschaos“ und Gründer von „Cell Education - The Institute“ führte in seinem Vortrag zunächst in die Grundlagen der Zellfunktion ein und zeigte auf, wie durch bestimmte Bewegungs- und Ernährungsformen die mitochondriale Biogenese unterstützt werden kann.

Köperhaltung im Fokus
Wie sich neurovaskuläre Strukturen auf die Körperhaltung auswirken, darüber sprach der Regensburger Physiotherapeut und Osteopath Lutz M. Scheuerer, der seit 2006 auch eigene, spezifische Kurse in Neurovaskulärer Therapie gibt . Er skizzierte die Grundlagen neuronaler und vaskulärer Therapie der Leitungsbahnen und konnte an vielen Beispielen aus der Praxis zeigen, wie Mindermobilitäten der bindegewebigen myofaszialen und viszeralen Strukturen die Beweglichkeit der Nerven und Gefäße einschränken und es dadurch zu einer veränderten Haltung und Überlastungen im Bewegungsapparat kommt.

Dass Haltung in erster Linie ein Reflex des zentralen Nervensystems ist, legte Dr. med. Philip Eckardt überzeugend dar. Der Gründer und Leiter der Neurolog Akademie wies darauf hin, dass Haltungs- und Bewegungsreflexe im Rahmen einer neurointegrativen Medizin neurologisch untersucht und neurofunktionell behandelt werden können.

Auch das Thema Einlagen stand auf der Agenda  
Ein Highlight des Symposiums war, gerade auch für MedReflexx-Freunde, der Vortrag von Prof. Dr. Heiner Baur, dem Leiter des Fachbereichs Physiotherapie an der FH Bern. Der Sportmediziner referierte über „Mechanische“ und „Sensomotorische“ Wirkungen von Schuheinlagen im Sport und stellte anhand einer aufeinander aufbauenden Studienserie mögliche positive Effekte von Einlagen bei Laufsportlern vor.  

Der in der Schweiz lebende Physiotherapeut und Osteopath Philip Van Caille wiederum befasste sich mit dem Vagusnerv, genauer gesagt mit der Kopfhaltung und dem Einfluss auf den vagovagalen immunologischen Reflex. Die entzündungshemmende Funktion des N. vagus kann z. B. durch zervikale Instabilitäten gestört sein. Daher können schon verschiedene manuelle, suboccipitale Techniken über den N. vagus das Immunsystem beeinflussen, wie verschiedene Studien zeigen.

Bewegung macht den Unterschied
Überaus unterhaltsam war der Auftritt der Regensburger Professorin Dr. Petra Jansen, die den Lehrstuhl für Sportwissenschaft an der Universität Regensburg innehat. Angelehnt an den gleichnamigen Buchtitel aus dem Jahr 2016 ging sie humorvoll der Frage nach: Macht Bewegung wirklich schlau? Und wenn ja, wie? Zweifellos eine Fragestellung, die nicht ganz einfach zu beantworten ist. Auch weil die Begriffe Schlausein und Bewegung bekanntlich viele Facetten haben. Ihr Fazit: Unter bestimmten Bedingungen kann Bewegung durchaus einen fördernden Effekt haben. Davon sind wir überzeugt!

Im letzten Vortragsblock beschäftigten sich GHBF-Vizepräsident Prof. Dr. Stephan Degle und Oliver Kolbe (Ernst-Abbe-Hochschule Jena) mit der Seh- und Körperbelastung durch Zwangshaltungen am Arbeitsplatz und präsentierten die Ergebnisse aus drei Studien, die die Hochschule mit dem Universitätsklinikum Jena durchgeführt hatte. Die Ergebnisse sind wenig erfreulich, besonders häufig treten Muskel-Skelett-Erkrankungen auf. Gleichzeitig lieferten sie zahlreiche Beispiel für eine Optimierung des Arbeitsplatzes.

Es kommt Bewegung in die GHBF
Durch das Programm führte im Wechsel das Präsidium der GHBF. Abschließend gaben sie gemeinsam einen Ausblick in die Weiterentwicklung und neue Ausrichtung der GHBF. So stellten Prof. Degle und Prof. Wühr das neue Portal www.bewegungsmedizin.org vor, das die GHBF mit weiterführenden und weitreichenden Informationen bereichert.

Auch mit dem neuen Masterstudiengang „Interprofessionelle Gesundheitsvorsorge und Bewegungsmedizin“ (IGB) kommt Bewegung in die GHBF, die ab Herbst 2026 den berufsbegleitenden und weiterbildenden Studiengang zusammen mit der Ernst-Abbe-Hochschule Jena (Fachgebiet Optometrie) und dem Zentrum für Physikalische und Rehabilitative Medizin des Sophien-Hufeland-Klinikums Weimar unterstützt.

Das 8. GHBF-Symposium war einmal mehr eine rundum gelungene Veranstaltung!

Das nächste Symposium für Haltungs- und Bewegungssteuerung soll am 28.11.2026 stattfinden.